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Tipps zur Jahreslosung mit Jugendlichen

Das Titelbild passt auch gut zur Jahreslosung für 2024: Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. – Erster Brief des Paulus an die Korinther, Kapitel 16, Vers 14. Erst dachte ich, es wäre ein Foto einer bedruckten Fußmatte. Dann entdeckte ich die vielen kleinen Portraits (!!!) im Hintergrund und nun habe ich gar keine Ahnung mehr, welches Motiv hier abgelichtet wurde. Jedenfalls gefällt es mir. Obwohl es keins der klassischen Motive der Jahreslosungs-Produktion ist. Lässt sich – allzumal mit Herz und Kreuz als Motivzusätzen – was mit machen.

Aus dem Bereich der vielen Jahreslosungs-Künstler-Motive habe ich meine Favoriten für die Arbeit mit Jugendlichen gefunden: DO IT! Viel kürzer lässt sich kaum zum Tun auffordern. (https://www.scm-shop.de/jahreslosung-2024-postkarten-fuer-junge-erwachsene-mit-stundenentwurf.html) – (hätte ich auch gern als Titelbild gewählt, aber die Rechte… . Das Motiv gibt es als Postkarte zusammen mit einem Stundenentwurf, der allerdings eher für ältere Jugendliche bzw. junge Erwachsene gedacht ist. Die spielerische Übung mit systemischen Dreiecken ist aber auch für Konfis geeignet: Eine Bewegung verursacht viele andere Bewegungen und schon ist alles im Fluss. Das gilt auch für die Impulse der Liebe. Mein zweiter Favorit ist ein Wortbild, dass schon länger bekannt ist R-EVOL-UTION (die LOVE-Letter spiegelverkehrt) und nun von Eva Jung neu layoutet wurde. Das gibt´s auch als Poster (https://ejw-buch.de/jahreslosungen/eva-jung.html).

Etliche weitere Tipps zur Anwendung finden sich auf unserer bundesweiten Konfi-Arbeit-Website: In einem One-Paper Escape-Game, das die Ev. Jugend Vorderer Odenwald dankenswerter Weise zu Verfügung stellt, müssen die Jugendlichen mit einen Auszug aus Paulus’ Korintherbrief ein Rätsel tüfteln. Wenn alle sieben Rätsel richtig gelöst werden, entsteht ein QR-Code, mit dem die Gruppe auf einer Webseite die Botschaft der Jahreslosung vorgespielt bekommt. Und wie jedes Jahr hat Thomas Ebinger auf seinem Ebiblog seine kreativen Ideen veröffentlicht – u.a. noch ein alternatives Losungs-Motiv mit Kurzandacht. Und ein schönes Lied samt anregendem Video mit Anregungen für die Liebes-Umsetzung in der Praxis schenkt uns das Ev. Jugendwerk in Württemberg.

Also, ihr habt die schöne Qual der Wahl! Alles Liebe!

Oder: Das Kintsugi-Prinzip

Manchmal zerbrechen Dinge. Fallen runter. Gehen kaputt. Ein Scherbenhaufen. Das ist nicht schön.
Die Kintsugi-Technik steht in der Tradition einer alten japanischen Teekunst, die sich im Rahmen der Wabi-Sabi-Ästhetik entfaltet hat. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte. Der bemooste Fels, die knorrige Kiefer, der leicht angerostete Teekessel. Die Einfachheit und die Wertschätzung der Fehlerhaftigkeit stehen im Zentrum der Anschauung. Keramik- oder Porzellanbruchstücke werden mit Lack geklebt, mit Kittmasse ergänzt und feinstes Pulvergold oder auch Silber und Platin eingestreut. Die am Ende deutlich sichtbaren Bruchlinien sorgen für ganz eigene Dekorationseffekte.

Vielleicht ist das ein gutes Bild, um mit all den Dingen umzugehen, die zerbrochen sind. Sei es im wörtlichen und ganz besonders auch im übertragenen Verständnis.

Viel wird gerade darüber diskutiert, welche langfristigen Auswirkungen Corona für die Psyche junger Menschen hat. Die Lockdown-Zeiten mit Schulausfällen, wenig sportliche Bewegungsangebote, mangelnden Chancen zu echten und ungefährlichen Begegnungen und die ganz allgemeine Zukunftsangst haben in der Seele vieler Kinder und Jugendlicher Verletzungen verursacht. Dazu kommt, dass die Familien, die in persönlichen Krisenzeiten oft Halt bieten, allesamt ebenfalls von den vielen Sorgen und Ängsten betroffen waren.

Die Ägypterin Hagar steht trotz der Freude über ihren Sohn Ismael vor einem Scherbenhaufen und einer unsicheren Zukunft. Dennoch fühlt sie sich in ihrer Not von Gott wahrgenommen und nennt ihn im ersten Buch Mose im 16. Kapitel El-Roi, was übersetzt heißt: Gott sieht nach mir! Spannend, dass Hagars vertrauensvolle Aussage uns durch das Jahr 2023 als Losung begleitet.

Gerade heute treffen in Lützerath Klimaschützer:innen aller Couleur und die Polizei aufeinander. Friedlicher Protest und Aggression angesichts der Sorge um die Zukunft unseres Planeten vermischen sich und der Rechtsstaat ist gezwungen, die Interessen der großen Energiekonzerne durchzusetzen. Auch hier entstehen Scherben, die sich nicht einfach mal so schnell kitten lassen.

Ich habe mich gefreut, dass der CVJM Deutschland seine Grußkarte mit der Jahreslosung mit einer durch die Kintsugi-Technik wiederhergestellten Schale interpretiert hat:
Kintsugi – der Bruch wird vergoldet – eine Kostbarkeit entsteht.

Für mich persönlich und auch für unseren Dienst steckt darin viel Trost und Zuversicht. Auch wenn die ganze Welt und unser eigenes Leben in Scherben liegt, dürfen wir darauf vertrauen, dass der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Vater Jesu aus Nazareth, mich und uns sieht. Mit meiner, mit unserer Not und all unseren Verletzungen. Das tut gut und lässt uns nicht am Dasein verzweiflen. Es gibt Kraft für einen Neuanfang. Mit viel Mühe und Liebe zum Detail dürfen wir uns deshalb an die Arbeit machen, aus den Scherben wieder etwas Brauchbares zu machen. Die Bruchlinien werden dabei nicht versteckt, sondern mit glanzvollen Farbtönen verziert. Unsere Unvollkommenheit ist das Besondere.

Jesus Christus: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Von den vielen schönen Motiven, die sich Künstler:innen für die Jahreslosung 2022 aus Johannes 6, 37 überlegt haben, gefällt mir das von Dorothee Krämer besonders gut.

Gelbes, warmes Licht. Eine weiß leuchtende Menschenfigur. Mit offenen Armen empfängt sie die Kleinen und Großen, die in herrlich kräftigen Farben getaucht auf sie zuströmen. Eine hohe Anziehungskraft geht von den offenen Armen aus. Auch ich gehe durch die weit geöffnete Tür hinein zur Lichtgestalt. Ich bin willkommen!

So etwas zu spüren und dann auch noch zu hören, tut unendlich gut. Gerade jetzt. In diesen Zeiten. Manche Türen bleiben aus Sorge zu. Begegnungen, bei denen offene Arme als Geste selten geworden sind. Corona sorgt für abweisende Hände und Warnschilder, die auf Distanz halten. Die größte Sorge des Küsters war, am Heiligen Abend jemanden vor der Kirchentür stehen lassen zu müssen.

Komm her, wir nehmen uns in die Arme. Wünschen uns Gottes Segen, Frieden und Hoffnung. Wie schön, Dich hier bei mir zu haben. Drücken uns richtig fest. Geben uns herzlich die Hand.
Zur Zeit ist es maximal der Unterarm oder die Faust, die in Kontakt kommen. Aber zumindest bleibt uns der Augen-Blick – leider nicht im Video-Chat.
Bei aller Sehnsucht: Hoffentlich kommen wir uns nicht zu nahe. Stecken uns nicht gegenseitig an.

Keiner hat geahnt, dass das Jesuswort aus dem Evangelium des Johannes so
in unsere Zeit hinein spricht.
„Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nicht mehr hungern. Und wer an mich glaubt, wir nie mehr Durst haben.“ Klar, dass es hier um viel mehr geht als um einen vollen Magen. Es geht um die Fülle des Lebens, um Glück und Geborgenheit, um Vertrauen und Heimat.
Wer das sucht, der ist bei Jesus richtig. Da kann das Haus proppevoll werden. Das Reich Gottes ist groß genug. Himmlisch weit. Da wird keiner rausgeworfen, abserviert, hinauskomplimentiert. Auf gar keinen Fall. Du nicht. Und ich auch nicht. Willkommen!

Übrigens: Gern hätten wir bei unserem vierten Konfi-Team-Tag im kommenden Februar die Jahreslosung mit diesem schönen Motiv mit über 200 jungen Menschen gefeiert. Aber das wird leider nichts. Zuviele Gs, zu viel Abstand, zu viel Sorge. So ein Mist. Aber wir holen das nach. Versprochen!

Karten, Plakate, Lesezeichen und Downloads für Websites und Gemeindebriefe zu diesem Motiv der Jahreslosung gibt es hier:
https://www.kraemershop.de

Liebe, Gesundheit, Entspannung, Geschenke, Schnee, Frieden – das waren die Favoriten bei unserer Mentimeterumfrage „Was wünschst du dir in diesem Jahr von Weihnachten?“
Barmherzigkeit landete keinen Treffer. Vielleicht gehört dieses Wort nicht zum Weihnachtssprachschatz – obwohl es natürlich im Zusammenhang mit der Liebe Gottes zu seiner Welt mit gemeint ist.

„Jesus Christus sprich: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lukas 6, 36) – so lautet die Jahreslosung, die von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft Bibellesen für 2021 ausgewählt worden ist.

Über 100 Bildmotive haben Künstler*innen entworfen, um dieses Wort Jesu aus der Feldrede im Lukasevangelium visuell in Szene zu setzen. Und es ist keine Überraschung, dass sehr oft ein Herz als Motiv verwendet wird.

Die hebräische Entsprechung des bei Lukas verwendeten Wortes „sich jemandes erbarmen“ bedeutet als Substantiv Mutterschoß/Gebärmutter und als Plural Inneres bzw. Eingeweide. Im Fall der Barmherzigkeit regt sich also die Gebärmutter. Gottes Liebe zu seinen Geschöpfen lässt sich demnach gut mit den Gefühlen einer Mutter vergleichen, die ihr neugeborenes Kind in den Armen hält.
Da ich mich mit Muttergefühlen nicht ganz so gut auskenne, hat mir persönlich das Bild eingeleuchtet, dass sich mir beim Anblick eines Menschen in Not vor Mitleid „die Eingeweide umdrehen“ und ich schon allein für mein eigenes Wohlbefinden zu Hilfe eile.

Wo Menschen von Gottes Barmherzigkeit umgeben sind, erwächst daraus der Impuls, sich für andere mit Hingabe einzusetzen. Anders formuliert: Wenn ich Gottes Barmherzigkeit erkenne, dann führt das fast automatisch dazu, dass ich mich herausgefordert fühle, mich zu bewegen – das ist, um mal ein physikalisches Gleichnis zu verwenden – wie bei einem Stoßpendel, dass durch einen Impuls in fortwährende Schwingung gerät (Wolfgang Baur).

Beim oben abgebildeten Motiv fiel mir kunstgeschichtlich spontan der Ausschnitt des Deckenfreskos von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle des Peterdoms in Rom ein, der die Erschaffung Adams zeigt. Nah lag mir auch der Gedanke, dass ich von etwas „berührt“ sein muss, um etwas Gutes zu tun – in Zeiten eines verordneten physischen Kontaktverzichts ist das vielleicht noch schwerer als sonst. Oder wird hier schon ganz tatkräftig erst der Finger und dann die ganze Hand gereicht, um jemanden aus seinem Elend herauszuhelfen. Für wen könnten die ausgestreckten Arme jeweils stehen?

Gut gefallen hat mir auch eine Motivkarte, auf der Eva Jung (Motiv ebenfalls im adeo-Verlag, siehe unten) lauter verwandte Wörter für barmherzig in die Jahreslosung einfügt: zugeneigt, sorgsam, freundschaftlich, eng, human, sozial…..grundgütig, neidlos, opferbereit, einträchtig, weitherzig. Es könnte eine schöne Übung für das neue Jahr sein, das Wortfeld auszuloten und mit viel Energie und Fantasie in Taten umzusetzen.

Natürlich wird im Zusammenhang mit dem Losungswort aus dem Lukasevangelium das nur vier Kapitel später notierte Gleichnis vom Barmherzigen Samariter zur Sprache kommen – ein Baustein aus KU-Praxis 63 – Hass und Nächstenliebe wäre dazu zu empfehlen und das dafür entstandene Video Sam A. Ritter – Ein Helfer in der Not. Aber darüber hinaus gibt es noch viele Möglichkeiten der Anknüpfung – gerade auch in der bilderreichen Sprachwelt der Alten Testaments.

Das Evangelische Jugendwerk in Württemberg hat wie jedes Jahr ein aussagestarkes Lied zur Jahreslosung herausgebracht. Für gemeinnützige Zwecke darf es kostenfrei verwendet werden:

Ganz zuletzt ist mir gerade noch eine weitere Erkenntnis zugewachsen: Das Jahr 2020 mit all seinen besonderen Herausforderungen hat viel Kraft gekostet und manche Hoffnungen und Pläne über den Haufen geworfen. Es hat uns auch gelehrt, dass unser Leben immer auch unmittelbar gefährdet ist und bleibt. Ich sollte im Jahr 2021 etwas barmherziger denken, arbeiten und leben. Was meine eigenen Ansprüche an mich selbst angeht: etwas weniger perfekt sein wollen und weniger Hochstaplergefühle entwickeln. Und natürlich auch im Hinblick auf das, was ich von anderen erwarte und erhoffe.
Vielleicht erinnert mich mal jemand in ein paar Wochen an dieses Vorhaben …

Bildmotiv: Design: Sebastian Hoffmann, www.adeo-verlag.de

Ein Hochseilartist balanciert hoch über dem Marktplatz der Stadt. Die Zuschauer unten halten den Atem an. Puh, er hat es geschafft. Zum soundsovielten Mal. Das sieht so locker aus. So souverän. Erleichterter Applaus. Der Artist nimmt eine Schubkarre aus der Halterung. Er schiebt sie vor sich her über das dünne Drahtseil. Kein Problem. Nun packt er einen schweren Sack hinein. „Meint ihr da unten, dass ich das auch mit einer vollen Ladung in der Schubkarre schaffe?“, ruft der Seiltänzer nach unten. „Aber klar“, antwortet ein Junge lauthals aus der Menge, die Hände in den Hosentaschen. „Na wunderbar, dann komm hoch und ich fahr dich über das Seil!“ Stille. Der Junge überlegt. Und schüttelt dann den Kopf.

Diese Kurzgeschichte kommt mir in den Sinn, wenn ich an die Jahreslosung für „Zwanzigzwanzig“ aus Markus 9, 24 denke. Und entdecke tatsächlich unter den vielen schönen Bildmotiven für Plakate und Karten eine Zeichnung von Joy Katzmarik, die genau auf diese Erzählung anspielt. Allerdings hat es hier tatsächlich ein Kind gewagt, in der Schubkarre hoch oben auf dem Seil Platz zu nehmen. Übermütig? Unvernünftig? Ist Gottvertrauen ein Risiko? Und nur was für Kinder?
Gibt es überhaupt nur die Alternative, den Glauben zu wagen oder es eben sein zu lassen? Engagiert oder indifferent (KMU-Sprech) zu sein?
Oder trifft die Jahreslosung mitten ins Herz jener inzwischen hochprozentigen Gruppe, die, konfessionell oft ungebunden, auf ihrer ganz eigenen kreativen spirituellen Suche ist („ungebundene spirituelle Nomaden“ – Stefan Gärtner) mit der Sehnsucht nach etwas Größerem, Höherem, Göttlichem?

Ich finde, die Jahreslosung ist ein guter Anknüpfungspunkt für zeitgemäße Fragestellungen. Und die biblische Erzählung in Markus 9, 14-29 bietet genügend Stoff für ernsthaftes gemeinsame Nachdenken. Schließlich geht es hier nicht um eine nette philosophische Gesprächsrunde, sondern um eine existentielle Not eines jungen Menschen, die verzweifelte Zerrissenheit der Eltern und um den Glauben an die heilsame Kraft Jesu und des Gebets.

Es lohnt sich also mehrfach, die Jahreslosung im erzählerischen Zusammenhang in der Konfi-Zeit zum Thema zu machen.
Anregungen dazu gibt es in Fülle.
Mir hat gut gefallen und auf die Spur geholfen:
Martina Walter, Martin Werth (Hg.), Ich glaube; hilf meinem Unglauben! Die Jahreslosung 2020. Ein Arbeitsbuch mit Auslegungen und Impulsen für die Praxis, Neukirchen 2019, 12,99 €.

Viele weitere Ideen und Medienimpulse hat mein fleißiger Kollege Thomas Ebinger zusammengestellt – der Ebiblog lohnt sich immer: https://thomas-ebinger.de/2020/01/gedanken-und-ideen-zur-jahreslosung-2020/

Ich wünsche allen ein gesegnetes neues Jahr mit fröhlich-mutigem Gottvertrauen!

(Beitragsbild von Manfred Richter auf Pixabay)