Ganzheitlich und grenzwahrend arbeiten

Ok, Gummihuhn-Golf ist schon eine besondere Form der körperlichen Betätigung. Aber eine, die tierisch Laune macht – selbst wenn man ganz knapp verliert.
Auch sonst war die Jahrestagung der Konfi-Dozent:innen Deutschlands auf dem heiligen Berg in Wuppertal vom 7.-11. November ein höchst inspirierendes Treffen.

KÖRPERARBEIT – GANZHEITLICH UND GRENZWAHREND – so hieß der Themenschwerpunkt, für den wir uns einen ganzen Tag Zeit genommen haben. Gabriele Frohme, Inhaberin des Wuppertaler Instituts für Transaktionsanalyse www.ta-wuppertal.de, half uns dabei auf die Spur. Gut ausatmen (wird oft vernachlässigt), körperliche Reaktionen beachten (woher kommt eigentlich mein Grummeln im Bauch?), prägende Lebensspuren der Vergangenheit entdecken (wie kommt es eigentlich, dass ich immer so perfekt sein will – voll anstrengend), interessante Selbstgespräche führen (alle denken, Du telefonierst mit einem Knopf im Ohr), Lob einfach annehmen (ach das war doch selbstverständlich)… und einige Impulse mehr regten uns zu Nachdenken. Körperübungen, die uns gut taten und zu denen wir alle in der Konfi-Arbeit ermutigen wollen. Verbunden mit der wichtigen Frage, was nach Corona und im Zusammenhang mit der Präventionsarbeit in der Jugendbildung heilsam und eben nicht übergriffig ist. Den Körper ins Spiel bringen, Zuwendung erfahren und die Grenzen wahren ist eine hohe Kunst.

Auf kultureller Ebene wurde unser Thema vertieft durch den Besuch der Generalprobe des legendären Stücks KONTAKTHOF im Tanz-Theater Pina Bausch https://www.pina-bausch.de/de/. Sehr intensiv und beeindruckend.

Weitere Themen der Tagung, die hineinwirken in die Konfi-Arbeit, waren der Kirchentag 2023 in Nürnberg, die Entwicklung einer zertifizierbaren Langzeitfortbildung, die neue Konfi-Studie mit dem Feed-Back-Tool i-konf, die tollen Updates der KonApp, eine inklusive Bibel für Jugendliche, das KU-Praxis-Heft 2024 (Körperarbeit!), KonfiCamps, Globales Lernen etc. …. und nicht zuletzt die Folgen der Finanzeinsparungen in den Kirchen für die qualifizierte Gestaltung der Konfi-Arbeit in Beratung und Fortbildung.

Und ganz zum Abschluss durften wir mit den Rheinländer:innen am 11.11. um 11:11 Uhr die fünfte Jahreszeit einläuten…

2gether – Jugendkirche Hamm

Gut verknüpft! – Darum ging es beim Projekttag der westfälischen Kirche in der Jugendkirche Hamm am Samstag, 22. Oktober. Organisiert von Dr. Iris Keßner und Carina Kuznik, den Konfidozentinnen des Pädagogischen Institus in Villigst, feierten 100 engagierte Ehren- und Hauptamtliche bei toller Stimmung einen Gottesdienst mit einer Band der Popakademie Witten (Super: Rebecca Viertel, Hauke Nebel & Caspar Beule!) und dachten in zwei Workshop-Phasen miteinander nach, wie das Miteinander von Konfizeit und Jugendarbeit noch besser gelingen kann. KonfiCamps, Wohnzimmerkirche, Partizipation, Konfi- und Jugendgottesdienste, Teamer:innen-Ausbildung, LSBTIQ, Gut verknüpft! waren die Themen.

Neben einem Impulsvortrag von Burkhardt Nolte zu KonfiCamps durfte ich (Matthias Hempel) eine halbe Stunde lang die gemeinsamen Chancen und Herausforderungen einer engen Verknüpfung von Konfizeit und Jugendarbeit hervorheben. Obwohl allen schon viele Jahre klar ist, was an gemeinsamen Dingen gut geht und gut tut, ist es immer wieder verwunderlich, an wie vielen Stellen die Verknüpfung noch sehr zögerlich, angst- und konkurrenzbesetzt ist – und sich deshalb meiner Meinung nicht als segensreich für junge Menschen erweist.

Eingestiegen bin ich mit einer kleinen Vision für 2030, die ich gemeinsam mit meiner ehemaligen Kollegin Angelika Pfeiler aus dem Landesjugendpfarramt 2018 für die Zeitschrift baugerüst geschrieben habe:

  • Auch 2030 gibt es in der evangelischen Kirche Konfi- und Jugendarbeit. Einige Landeskirchen beschließen eine gemeinsame Rahmenordnung für die Arbeit mit Kindern, Konfis und Jugendlichen. 
  • Die Mindestdauer von Konfi-Kursen wird EKD-weit angesichts von Bestrebungen, Konfi-Kurse um der Attraktivität willen mehr und mehr zu verkürzen, auf mindestens sechs Monate festgeschrieben. 
  • Angesichts knapper werdender Ressourcen und immer weniger getauften evangelischen Jugendlichen finden nur noch in großen Kirchengemeinden eigenen Konfi-Kurse und Angebote der Jugendarbeit statt. Die Gemeinden entscheiden vor Ort, welchen Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen für ihre Region die Verantwortung für die Durchführung übernimmt. 
  • Besonders nachgefragt werden ein- bis zweiwöchige KonfiCamps an attraktiven Freizeitorten. 
  • Ein Online-Kurs scheitert aufgrund geringer Anmeldezahlen. 
  • Als Modellversuche werden in einzelnen Städten gemeinsame ökumenische Kurse für Kommunionskinder und Konfi3-Gruppen und aufbauend darauf Kurse für Konfis, Konfirmierte und Firmlinge in Alter von 14-16 Jahren durchgeführt.

Danach folgte mit dem scheinbar selbstverständlichen Votum „Konfis sind Jugendliche“ der Auftakt zu einer kleinen Präsentation. Das Fazit: Konfizeit und Jugendarbeit sind wie zwei wunderbar Bäume im Kirchenwald. Sie wachsen eigenständig. Sie sind gut vernetzt mit ihren Nachbarn durch ein umfangreiches Wurzelwerk. Unter den Bäumen herrscht ein hohes Maß an gegenseitiger Unterstützung. Sie bieten sich gegenseitig Halt. Und bilden gemeinsam einen vielfältig-schönen Lebensraum.

Hier geht´s zu den Folien – bei inhaltlichen Fragen gerne Kontakt aufnehmen mit konfizeit@kirche-oldenburg.de

NEU: KU-Praxis 67 Hoffnung… von guten Mächten

Jetzt wird es aber Zeit. Schon einige Woche ist das neue KU-Praxis Heft auf dem Markt. Zeit für einen werbenden Blogbeitrag. Die vielen Bausteine, Forumsbeiträge und weiteren Artikel, die drin stehen, kann jede und jeder sich mit einem Klick auf das Titelbild im Überblick ansehen – echt praktisch so ein Widget – trotz der Datensammlung, die damit einhergeht.
Ganz abgesehen von dem umfangreichen Material-Downloadbereich, der nun zum ersten Mal zur Verfügung steht und bequem von der Website des Gütersloher Verlages www.ku-praxis.de heruntergeladen werden kann.

Sehr zu empfehlen ist der kluge Orientierungsartikel Hoffnung hat man so in sich drin (ebenfalls in der Vorschau) von Gundula Rosenow, in dem sie beschreibt, wie sie mit Schüler:innen Hoffnungsschiffchen bastelt und auf dem „Fluss des Lebens“ aussetzt. Ganz konsequent verhilft sie dabei den Gedanken und Gefühlen der Jugendlichen zum Ausdruck. Wer hier liest, versteht ihren Ansatz des Individuellen Symbolisierens sofort.

Einen der Bausteine, #Ökocity – Komm, bau ein Haus haben wir erst vor zwei Wochen im Rahmen unserer Langzeitfortbildung Konfi-Kompass auf Langeoog getestet – auch die Kolleg:innen sind überzeugt, dass er für Konfis – und ich meine, auch für Teamer:innen – geeignet ist.
Nicht alle Bausteine konnten aufgrund von Corona entspannt im Vorfeld ausführlich mit Gruppen erprobt werden. Dennoch: es gibt es tolle Anregungen und Impulse für die eigene Konfi-Arbeit. Wer sich z.B. noch nie mit Jugendlichen mit der Offenbarung des Johannes beschäftigt hat, bekommt hier ein Angebot unterbreitet…

Als wir uns vor zwei Jahren im Rahmen der Jahrestagung der Konfi-Dozent:innen auf das Thema Hoffnung für das neue Heft verständigten, konnten wir nicht ahnen, wie dicht dran wir damit an den aktuellen Ereignissen sind. Umso wichtiger, dass sich die Verantwortlichen und die Teams in der Konfizeit intensiv mit den Bausteinen beschäftigen und für die Gruppensituation vor Ort fruchtbar machen. Ganz ohne den Einsatz von Zeit und Beschäftigung mit den Materialien bleiben die besten Entwürfe nur Papier und können ihre Hoffnungskraft nicht entfalten. Und das wäre echt schade!
Ich überlege gerade, ob ich nicht online ein paar Bausteine zur gemeinsamen Erarbeitung hin zur Umsetzung anbiete…

200 Konfis und Teamer:innen unterwegs

Endlich war es wieder so weit. Der fast schon traditionelle Kreiskonfitag der Oldenburger Kirchengemeinden startete am Samstag, 24. September um 10 Uhr in der Ohmsteder Kirche. Nach einem Warm-Up und eingängigen Liedern der Konfitag-Band rund um Popkantorin Sarina Lal startete der große Actionbound durch den Stadtteil. An 20 Stationen beschäftigten sich die Konfis mit dem zukünftigen Leben auf unserem Planeten.

„Ernährung“, „Müll“, „Tiere“, „Kleidung“ und „Mobilität“ waren die thematischen Überschriften für fünf Stationenläufe. Mit Hilfe der digitalen App Actionbound fanden die Konfis per Pfeilrichtung ihren Weg. Bei den Spiel-Stationen wurde um die Wette Bobby-Car gefahren, Lebensmittel erduftet, alte Schuhe um eine Leiter gewickelt, mit PET-Flaschen genau gezielt und Tiere an Spontanskizzen und ihren Stimmen erraten. Ganz kreativ wurde „das Tier in mir“ als Tattoo verewigt, Müll und alte Kleidung zu Kunstwerken komponiert, eine stabile Modell-Brücke gebaut und leckere Smoothies gemixt. Beim Fakten-Check wurde der Wasser-Fußabdruck unserer Lebensmittel ermittelt, zu bedrohten Tierarten recherchiert, Fortbewegungsmittel der Zukunft unter die Lupe genommen, Verpackungs-Müll gewogen und der umweltgerechte Umgang mit Kleidung getestet. Alle Gruppen gestalteten außerdem ein Fenster für das SoWollenWirLebenHaus.

Das Ergebnis wurde nach einem Mittagssnack bei den Gemeinnützigen Werkstätten im Gottesdienst in der Ohmsteder Kirche präsentiert. Klar gab es wieder Musik, eine Predigt von Pastorin Nele Schomakers zum Thema „Sorgen“. Für gute Stimmung sorgten außerdem das farbenfrohe Lichterspiel und die perfekte Performance der des Technik-Teams.

Am Ende ein großes Dankeschön an: alle Trainees und Teamer:innen der ejo, die Musiker:innen, das Projektteam aus Kreisjugenddienst und der Pastor:innenschaft, der gastgebenden Gemeinde. Und dem Himmel, der trocken blieb.

Und hier ein paar Impressionen:

Noch bis zum 25. September läuft die Documenta 15 in Kassel. Das Künstlerkollektiv Ruangrupa aus Indonesien, das die aktuelle Weltkunstausstellung kuratiert, setzt auf Vielstimmigkeit und Miteinander. Ein zentraler Begriff ist dabei „Lumbung“. Im ursprünglichen Sinn bezeichnet er eine Reisscheune, in der Bauern ihre Ernteüberschüsse einlagern, um sie mit der Gemeinschaft zu teilen. Von Ruangrupa wird er verstanden als undogmatisches, pragmatisches Teilen von Budgets, Entscheidungen und Ressourcen und das gemeinsame Arbeiten in Netzwerken und Gruppen. Dabei geht es humorvoll, großzügig, transparent und genügsam und lokal verankert zu.

Mir gefällt dieser Ansatz sehr gut. Und ich dachte während meines Besuchs der vielen Ausstellungsorte der sehr unterschiedlichen Kollektive, vielleicht sollten wir unsere Konfi- und Jugendarbeit noch mehr lumbung-like gestalten. Wir neigen ja dazu, noch sehr oft in Kirche in Ressorts und Zuständigkeiten zu denken. Was ist meins und was ist deins. Ich erlebe das an vielen Stellen als sehr mühsam. Es muss doch alles seine Ordnung haben. Wo kämen wir denn hin…
Und so ringen wir manchmal sehr zäh darum, wer auf welcher Ebene wem was zu sagen hat (oder ob ich mir überhaupt von jemandem was sagen lasse), was ich mir auf keinen Fall bieten lasse und achten sorgsam darauf, dass alte Traditionen und Gewohnheiten beachtet werden. Wahlweise ist der oder die andere schuld, wenn das Projekt nicht so läuft. Fehlerfreundliches und herzliches Vergeben fällt uns schwer. Und vergessen geht irgendwie gar nicht.
Ich wünsche mir für das Miteinander der Professionen und Menschen in der Konfi- und Jugendarbeit noch mehr Mut, alte Wege zügig zu verlassen und auszuprobieren, was geht. Hey, Du kannst das und hast Lust dazu?! Dann nur zu. Meine Unterstützung hast Du.

Klar, ich gebe zu: So kollektiv locker zu lassen und entspannt miteinander kreativ zu werden, ist eben auch eine Kunst für sich.
Aber es lohnt sich um der Kinder und Jugendlichen willen, wenn die Engagierten im Team sich als gute „Sobat-Sobat“ (die Besucher:innen-Guides der Documenta), als Freund:innen und Begleiter:innen erweisen.
Und am Ende des Weges gehen wir zum „Nongkrong“, dem gemeinsamen, ungezwungenen Abhängen über. Am besten im „Warung Kopi“ (Straßencafé) als sozialem Knotenpunkt. Kommunikation als künstlerische Praxis.

Zum Titelbild: Die Brücke über das ehemalige Bootshaus beim Bootsverleih Ahoi an der Fulda haben Schulkinder der Unterneustädter Schule gemeinsam mit dem spanischen Kollektiv Recetas Urbanas vorwiegend aus Europaletten, Holzstämmen, ausrangierten Schultischen und Kirchenbänken konstruiert. Sprüche wie „friedlich und freundlich sein“, „habe gute Laune“ etc. sind auf Stufen und Balken gekritzelt. Nach der Documenta wird die Brücke verfrachtet und auf dem Schulhof weiter für kreative Pausengestaltung sorgen.

Übrigens: Es ist angesichts der Begegnung des kollektiven Denkens mit den etablierten Institutionen der Documenta-Gesellschaft kein Wunder, dass es sowohl auf dem Weg wie auch während der Ausstellung immer wieder zu Konflikten gekommen ist und sicher auch noch kommen wird. Die Diskussion über den Antisemitismusskandal ist da sicher nur das prominenteste Beispiel. Ich persönlich habe gestaunt über die unendliche Fülle der vom indonesischen Kollektiv Taring Padi über Jahrzehnte hinweg gestalteten Antikapitalismus-Szenarien. Bei Betrachten der großflächiger Bilder im ehemaligen Hallenbad-Ost kam mir der Gedanke, dass sich an vielen Stellen viele Menschen getroffen fühlen können.