Kirchentag in Hannover – 30.4.-4.5.

„Du bist im Hmmel und unter der Haut“ singen wir beim Abschlussgottesdienst. Was für ein schöner Gedanke zur Gegenwart Gottes. Er passt zu einem Satz, den Bischöfin Mariann Edgar Budde bei Ihrer Bibelarbeit über Jesus gesagt hat: „He ist not watching us. He is with us. He is here.“ Bischöfin Budde hatte dem amerikanischen Präsidenten bei einem Gottesdienst ins Gewissen geredet. Es war beeindruckend, wie einfach, sanft und zugleich kraftvoll diese Frau die Bibel auslegt. Das war ein Gänsehautmoment für mehrere tausend Menschen – sogar bei vielen, die per Video-Stream dabei waren.

„Wir sind begeistert!“ antworten Berliner Konfis auf die Frage, wie ihnen das Zentrum Junge Menschen gefallen hat. Seit fast 20 Jahren befand sich das Zentrum wieder einmal auf dem Messegelände. Unter dem imposanten Expodach gab es über 150 Angebote für jeden Geschmack. Neben den Streichholzschachteln mit kleinen Messages gab es beim Time Run einen immer schwer gefragten Wettlauf. Boldern, Klettern, Sinnesparcour, Escape-Room, der lila Pop-up Dome, Kreativ-Zelt mit Perlen den Glaubens, Kunstharz-Kreuzen, Dunkelcafé, Hängematten und Liegestühle zum Chillen, Fritz & Franzi – Getränke und viele weitere kleine Erfrischungen – was auch nötig war bei teil hochsommerlichen Temperaturen. Der CVJM, die Per Mertesacker-Stiftung und andere mehr sorgten für ein tolles Sport- und Spielangebot auf der Grünfläche der Kirchentagsallee.
Tja, man muss halt dabei gewesen sein, um nachspüren zu können, was alles los war und uns, die wir dabei waren, bewegt hat.

Beim Podium „Ich: Viele Möglichkeiten und (m)ein Weg?!“ ging es um junge Menschen in unserer Multioptionsgesellschaft. Tolle Persönlichkeiten auf dem Podium, die offen über Lebenskrisen und Glaubenszweifeln berichteten. Felix Finkbeiner, der Gründer von Plant-for-the-Planet hat schon mit neun Jahren seine ersten Bäume gepflanzt. Und im seiner Konfizeit erlebt, dass die Menschen in der Kirche ihn dabei unterstützt haben. Paul Maurer, Theologiestudent aus Hamburg, muss erst mal etwas überlegen, als er gefragt wird, wie es sich mit der menschlichen Freiheit verhält, wenn doch in der Bibel dauernd von Gottes Plan für mein Leben die Rede ist. Phi berichtet, dass es auch in der Kirche nicht selbstverständlich ist, sich als Transgenderperson verstanden und wohl zu fühlen. Abigayle Chesca Bolado, die bei den UN in Genf arbeitet, erzählt, dass ihr in Krisen der Glaube, das Gebet und auch das Zutrauen der Familie geholfen hat, ihren eigenen Weg zu finden.

Großartig angenommen wurde das Angebot von Kirche und Sport. Die Hannoveraner, allen voran Peti Schmidt und Inga Rohoff organisierten eine Sport- und Spielwiese beim Abend der Begegnung gleich neben dem Platz der Menschenrechte. Es war einfach nur schön mitzuerleben, wie viele Familien mit kleinen und großen Kids sich dort im Schatten erholen und zugleich austoben konnten. Die größte Attraktion an diesem Abend war allerdings die Leinewelle. Erstsurfer und geübte Profis ritten in Neoprenanzügen auf der aufgestauten Wasserwelle. Tosender Applaus von vielen, vielen Zuschauer*innen für alle, die mehr als ein paar Sekunden auf dem Brett reiten konnten.

Ich verzichte auf weitere Impressionen. Im Netz und vor allem bei all den Menschen, die mit in Hannover waren, kann man sich viele Herzensmomente, Mutmachgeschichten und Kraft-Akte vor Augen malen lassen. Und am besten nächstes Mal selber mit dabei sein. Beim Rund-um-die-Uhr-Singen zum Beispiel oder beim politischen Gebet zur Nacht mit Ministerpräsident Stephan Weil oder bei der Kerzenandacht oder bei den Großkonzerten oder den vielen Gottesdiensten oder bei Bibliolog in der Waldkirche oder beim Telefonieren mit einer Stimme aus dem Off oder bei der Diskussion über die Endlagerung von Atommüll … ok, ok, ich hör auf…

Hatte ich eigentlich schon unsere stark nachgefragte Konfi-Werkstatt erwähnt und unsere stets ausgebuchten Spiele-Workshops oder die Räumung des Messe-Freigeländes wegen einer Gewitterwarnung (puh – es ist knapp an uns vorbei gezogen)…. – jetzt ist aber Schluss!

Apropos aufhören und Schluss:
Diesen Blog wird es in der nächsten Zeit nicht mehr geben.
Der Grund:
Der Autor dieser Zeilen (Matthias Hempel) wechselt seine Stelle. Von der Konfizeit in der Arbeitsstelle Religionspädagogik ins Referat Bildung im Oberkirchenrat der oldenburgischen Kirche. Und bleibt damit natürlich dem Thema verbunden. Aber eben anders. 10 Jahre KAJAK-Blog sind eine ganz schön lange Zeit!
Die nächste gute Nachricht: Die Stelle einer Konfipastorin bzw. eines Konfipastors wird wieder ausgeschrieben. Wir hoffen sehr, dass es fröhlich weitergeht. Mutig, stark, beherzt…

Macht und Ohnmacht in der Konfizeit

Macht ist eine Lebenskraft. Diesem Satz stimmen alle zu. Die Frage ist aber, ob sie für ein gutes Miteinander eingesetzt wird und Menschen ermächtigt. Oder aber dafür, andere zu ent-mächtigen, klein zu halten oder gar zu erniedrigen.

Weil das Verständnis und der Umgang mit Macht so vielfältig ist, lohnt sich der Fachtag „Der Elefant im Raum. Macht und Macht-Asymmetrien in der Konfizeit“ am 12. März in Oldenburg für alle 15 Teilnehmer:innen.

Pastorin Heike Wegener, Präventionsbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche und Diakonin Christine Poppe von der bremischen Fachstelle Religionspädagogik und Medien erarbeiten mit uns kompetent, achtsam und prozessorientiert das Themenfeld. Spannungssreich ist für einige allein schon der Tagungsort: Im Oberkirchenrat und hier in dem Sitzungssaal, in dem die Kirchenleitung tagt und hoffentlich bei ihren Entscheidungen sensibel mit ihren Machtbefugnissen umgeht. Ein Wunsch, der beileibe nicht zu allen Zeiten in Erfüllung geht.

Individuell ausgewählte Quietsche-Enten dienen zur Beschreibung der aktuellen Standpunkte in der Konfi-Arbeit und zu Beginn abgesprochene Regeln für unseren Fachtag („Alle Übungen sind freiwillig“ etc.) sorgen dafür, dass die Machtbalance zwischen Referentinnen und Gruppe abgestimmt ist.

Eine historisch-theologische Einordnung führt uns vor Augen, dass auch in der Kirche die Machtfrage unerledigt, oft genug unsichtbar und verschleiert gestellt und beantwortet wird. Dann ist der sogenannte Elefant im Raum, der groß und mächtig wirkt (und manchmal eben ziemlich viel Porzellan zerstört), aber merkwürdigerweise von keiner bzw. keinem erkannt geschweige denn benannt wird.
Schon Jesus hat ja gesagt, dass er lieber die Liebe möchte statt diesen Elefanten. Das funktioniert leider viel zu wenig, vor allem in großen Gruppen und Institutionen. Es braucht in der Kirche z.B. immerwährend Aushandlungsprozesse zwischen dem „Amt“ und dem Priestertum aller Glaubenden. Das Wort „Dienst“ und das hohe Maß an informeller Zusammenarbeit stützen die Illusion der Gleichrangigkeit oder der beliebten „Augenhöhe“.

Die Big Five der Persönlichkeit (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus) verhelfen zusammen mit dem Nachdenken über unsere Prägungen und Rollen-Erwartungen zu einer Klärung eigener Machtpositionen.

Wir lernen, wie viele unterschiedlicher Macht-Typen es gibt: Strukturelle Macht, Positionsmacht, Sanktionsmacht, Definitions- und Deutungsmacht, Expert*innenmacht, Beziehungsmacht, Systemmacht.
Mithilfe dieser Kategorien erstellen wir ein Netzwerk unserer Arbeitsfelder. Welche Machttypen werden wirksam? Wo befinde ich mich in Machtasymmetrien entweder dominant oder aber dominiert? Wie erkenne ich konstruktive und destruktive Auswirkungen von Machtkonstellationen?

Nach der Beschäftigung mit unseren persönlichen „Machtverhältnissen“ kommt ganz konkret die Konfizeit in den Blick. Wo gibt es hier Machtgrenzen, die verletzt werden können bzw. bewusst oder unbewusst verletzt werden?! Die Macht der Gewohnheit („Das machen wir schon immer so!“) begegnet hier ebenso wie die Frage, ob es einen Gottesdienstbesuchszwang geben darf. Wie steht es mit der theologischen Deutungsmacht, wenn ein Konfi oder auch ein*e Ehrenamtliche*r ein ganz anderes Gottesbild hat als die studierten Expert*innen? Darf man Konfis aufgrund der eigenen Sanktionsmacht einfach das Handy wegnehmen oder Jugendliche nicht konfirmieren, weil sie einen Text nicht auswendig aufsagen können? Ist reihum lesen lassen nicht schon eine Grenzverletzung denen gegenüber, die das nicht so gut können und dann, wenn sie an die Reihe kommen, beschämt werden? Wie gehen Teamer*innen mit der durch den in der Juleica gewonnenen Kompetenz-Status um: „Jetzt haben wir hier was zu sagen!?“

Es fällt uns gar nicht so leicht, spontan Vorschläge zu sammeln, die einem Machtmissbrauch in der Konfizeit vorbeugen könnten: Methodenvielfalt, die viele Freiheiten lässt (Bibliolog, Kleingruppen selbst wählen lassen), Konfi-Kontrakte zu Beginn der Kurszeit (Regeln, die für Konfis und das Team gelten), partizipative Ansätze (Themenwahl), transparente und frühzeitige Informationen über die Rahmenbedingungen (Kosten, Erwartungen), Klarheit über die je eigene Position (Ich als Teamer*in/Diakon*in/Pfarrer*in glaube das – Wir als Gemeinde vor Ort/Evangelische/Christenheit glauben das).

Am Ende formuliert jede*r für sich einen jetzt gerade stimmigen Satz zum angemessenen Machtgebrauch: „Ich möchte achtsam mit meinen Machtbefugnissen umgehen und öfters mal darauf verzichten, sie umzusetzen.“ etc. Und Kleingruppen halten fest, was machtsensibles Handeln für uns bedeutet: Transparenz, Achtsamkeit, Kommunikation, Wissen um die Machtverhältnisse…

Für alle, die sich intensiver mit dem Thema beschäftigen möchten, ist das Buch von Michael Klessmann, Verschwiegene Macht. Figurationen von Macht und Ohnmacht in der Kirche aus dem Jahr 2023 sehr zu empfehlen.

Der Fachtag war eine Kooperation der vier evangelischen Kirchen im Nordwesten Deutschlands: Ev.-reformierte Kirche, Bremisches Ev. Kirche, Ev.-Luth. Kirche Hannovers, Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.

Mit Konfis zum Kirchentag

Mitten drin und gut geschützt. So soll es sich anfühlen für Konfis und andere junge Menschen, die sich vom 30. April bis zum 4. Mai auf den Weg zum Kirchentag nach Hannover machen. Und mitten auf dem riesigen Messegelände unter dem großen Expo-Dach und auch noch drumherum viele tolle Angebote im Zentrum Junge Menschen genießen, erleben und mitmachen können. Ein paar Stichworte finden sich hier auf einer kleinen Grafik. Insgesamt über 150 Möglichkeiten, sich und die Welt zu entdecken, Fragen zu stellen, sich auszutoben, auszuruhen, eine Meinung zu bilden.

Mehrere große Podien bieten die Gelegenheit, wichtige Lebensthemen zu erarbeiten und Erfahrungen von etwas prominenteren Menschen aufzusammeln. „Ich: Viele Möglichkeiten und (m)ein Weg?!“ beschäftigt sich zum Beispiel mit den scheinbar unendlich vielen Möglichkeiten der Lebensgestaltung in einer Multioptionsgesellschaft. Einen guten Überblick liefert die kostenfrei herunterladbare Kirchentags-App in den Stores.

Toll für Konfis und Konfi-Teams, dass sie, wenn sie als Gruppe anreisen, für 9 € ein Tagesticket buchen und dann nach Herzenslust nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Messegelände Kirchentag erleben können.

Svea, Konfirmandin aus Kirchhatten, wird mit ihren Eltern die ganze Zeit über hinfahren und den Kirchentag auf jeden Fall sehr ausführlich erkunden. Sie und viele andere erkundigten sich am Kirchentagssonntag (16.2.) in St. Lamberti in Oldenburg auf einem kleinen Markt der Möglichkeiten über das besondere Kirchenfest, dass alle zwei Jahre eine besondere Atmosphäre und Faszination ausstrahlt.

KonfiCup Niedersachsen

450 Konfis, 26 Teams, Kirchenpopmusik, Indoor-Bolzplatzheld:innen. Es war ein fröhliches Fest.

Zum zweiten Mal fand am 8. Februar der Fußball-KonfiCup der Konföderation der niedersächsischen evangelischen Kirchen im Soccerpark Hannover statt. Dieses Mal sogar mit drei Mannschaften der oldenburgischen Kirche: die Nordgemeinden Wilhelmshaven I und II und Ganderkesee-Schönemoor.
Alle hatten viel Spaß. Auch die Mannschaften, die am Ende um die Plätze 23-26 kämpften. Wie skandierten die Lachendorfer während ihrer Platzierungsspiele: Einer geht noch (rein ins Tor), während die Buxtehuder, die im letzten Jahr noch den heiß begehrten Pokal gewannen, gut gelaunt bis zuletzt ihre schicken Fan-Fahnen schwenkten. Hier geht´s zum Bericht!

Ach ja, nächstes Jahr gibt es die dritte Auflage am 7. Februar 2026. Safe the Date!

Jugendkulturen im Archiv und im Jetzt

Jerry, ein freundlicher 30jähriger Graffiti-Künstler, führt uns durch Kreuzberg. Er zeigt uns mit Tags und Street Art gestaltete Brandwände. Wir lernen, dass es die Sprayer-Ethik verbietet, sich gegenseitig in die Graffitis reinzusprayen. Dass es manche trotzdem tun und es gefährlich sein kann, sich mit diesen Typen anzulegen…

Die Graffiti-Tour durch Berlin haben wir über das Archiv der Jugendkulturen gebucht, das wir am Tag zuvor besucht haben. Gabriele Rohmann, Co-Leiterin des 1997 als Verein gegründeten Archivs, gibt uns einen Einblick in die Vielfalt der Jugendkulturen in Geschichte und Gegenwart.
Jugendkulturen ziehen sich durch alle Milieus und sind gelebte Orte kultureller und politischer Bildung und gesellschaftlicher Auseinandersetzung.

Hier im Archiv lagern über 100.000 Medien, u.a. 3.000 Bravo-Hefte und über 30.000 Fanzines – die größte Sammlung dieser Art in Europa. Jede und jeder kann sich hier einbuchen und Recherchen betreiben. Ausstellungen, Projekte zur Medienkompetenz und und vieles mehr findet hier statt und kann auch in die eigene Region eingeladen werden.

Im zweiten Teil des Besuchs beschäftigen wir uns in Teilgruppen mit Verschwörungserzählungen bzw. mit Foto- und Video-Projekten.

WIR sind die Konfi-Dozent:innen der EKD, die auf ihrer Jahrestagung vom 4.-8. November das ganze Themenfeld unserer Arbeit in den Blick nehmen, aktuelle Entwicklungen diskutieren und Verabredungen für das kommende Jahr treffen.
Gerade in Krisenzeiten mit erschütternden Wahlergebnissen und zerrütteten Koalitionen tut die gegenseitige Ermutigung doppelt gut.

Tagungsort ist die Zentrale von Brot für die Welt. Jugendreferent Johannes Küstner informiert über Bildungmaterialien zu 5000 Brote, Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung und diskutiert mit uns über zukünftige Projekte.

In der Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße berührt uns die Geschichte der ehemals geteilten Stadt. Die Kapelle selbst ist gebaut aus Lehmwänden mit Steinen aus der ehemaligen Versöhnungskirche, die direkt im Todesstreifen stand und – obwohl den DDR-Grenzern ein Dorn im Auge – erst 1984 abgerissen wurde.

Einen Tag rückt unsere Fachzeitschrift KU-Praxis – ab nächstem Jahr dann Konfi-Arbeit praktisch – in den Mittelpunkt. Dietrich Steen, Programmleiter des Gütersloher Verlags, informiert uns über die Verkaufszahlen und unterstützt die Arbeit unseres Redaktionsteams. Wir ziehen eine Zwischenbilanz bezüglich des neuen Heftes mit dem Arbeitstitel Identität, das im Juli 2025 erscheinen wird. Und wir legen das Thema Christsein in der Welt für das übernächste Heft fest. Ab jetzt gehen wir auf die Suche nach Autor:innen.

Abends gehen die einen tanzen, zu Konzerten, zur Rocky Horror Picture Show, erkunden die vielfältige Kneipenwelt im Kiez oder hängen an der Hotelbar ab – die allerdings spätestens um 22 Uhr dicht macht. Zeit fürs Fachsimpeln, (welt)politisches Wehklagen und Austausch über privates Wohlbefinden. Es soll auch einige geben, die bis nach Mitternacht Mails und Protokolle schreiben. Die Konfi-Welt zuhause dreht sich ja weiter.

Nächstes Jahr tagen wir in Marburg. Unser Schwerpunkthema wird dann „Spiritualität“ sein.