Beten – aber bitte wie?
Eine Umfrage flattert mir ins Haus. Es geht um das Vaterunser, DAS weltumspannende Gebet der Christenheit. Auslöser ist die Umformulierung des Textes im französischen Sprachraum für die liturgische Praxis. Weil Gott die Menschen doch nicht zum Bösen verleiten könne, scheint die vertraute Formulierung „Und führe uns nicht in Versuchung.“ manchen Zeitgenossen nicht mehr angemessen. So eine Änderung löst – immerhin noch – heftige Debatten aus. Weil mit solchen Änderungsvorschlägen der gesamte Wortlaut des Vaterunsers plötzlich in Frage steht, werde ich also u.a. befragt, ob ich der Meinung bin, ob Gott auch in emanzipierten Zeiten „Vater“ sein darf. Ob ich der Meinung bin, dass viele Menschen gar kein Schuldbewusstsein mehr haben. Und ob ich es zynisch finde, in einer Kultur des Überflusses um das tägliche Brot zu bitten. Eine Frage, die angesichts der vielen Erntedankgottesdienste in diesen Wochen ja ganz aktuell im Blick ist.
Bei der Planung des landeskirchlichen KonfiCamps im nächsten Jahr haben wir überlegt, ob das Gebet ein eigenes Tagesthema ist. Oder ob das Beten lernen „by the way“ geschieht, wenn wir in Gottesdiensten, zu Tisch oder in den thematischen Einheiten Gebete beten und dadurch deren Bedeutung für das christliche Leben automatisch aufscheint. Wie lernt man Beten am besten? Und welche Texte sind bedeutsam und prägend?
Diese beiden Erfahrungen zeigen mir wieder einmal, dass scheinbar selbstverständliche katechetische Themen der Konfizeit heute immer wieder neu mit kritischem Blick auf einleuchtender Verständlichkeit mit viel Kreativität vermittelt werden müssen. Mir hat es früher immer gereicht, wenn mein Pfarrer im Konfirmandenunterricht gesagt hat, dass Vaterunser wird jeden Augenblick immer irgendwo auf dieser Welt gebetet. Deshalb ist genau dieser Wortlaut der richtige. Und dieses Gebet so besonders. Ich finde das zwar immer noch für mich sehr überzeugend. Aber das muss für einen ohnehin global orientierte Jugend ja nicht ebenso gelten. Bei der Umfrage habe ich dennoch angekreuzt, dass das Vaterunser als universales Gebet Jesu trotz mancher Verständnisprobleme so bleiben soll, wie es ist.
In unserer Campplanung haben wir uns übrigens dafür entschieden, das Beten mit in das Tagesthema „Kommunikation“ hineinzunehmen. Ich bin gespannt, welche Ideen uns in diesem Zusammenhang einfallen werden…
Vielleicht ist bei der ganzen Diskussion dann doch ein „Gebetomat“ mit Gebeten und Ritualgesängen die beste Lösung. Die Besucher des Familienzentrums in Aurich können derzeit aus über 300 „authentischen Gebeten gläubiger Menschen“ auswählen. Da kann ja dann eigentlch gar nichts mehr schief gehen…
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